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Mitunter hoch her ging es beim Vortrag des Politologen Jochen Zellner im Sportheim Euerfeld.

Der stellvertretende Leiter der Europäischen Akademie Bayern befasste sich in seinem Vortrag „Europa verstehen“ mit brisanten Themen wie der Nitrat-Richtlinie oder Glyphosat. Es gab sogar erregte Zwischenrufe wie „Betrug“, oder „Wir Bauern werden für dumm verkauft“ von einigen der Landwirte unter den mehr als 50 Besuchern. Ansonsten wurde ebenso sachlich wie engagiert bei dem von Bauernverband und Landvolk Euerfeld veranstalteten Bildungsabend diskutiert. Fazit: Europa ist besser als sein Ruf.

Nichts beschönigen, aber sachlich informieren war das Motto, mit dem Zellner am Mittwoch, 20. November, angetreten war. Etwa beim Thema Nitrat-Richtlinie, die die Grundlage für die umstrittene Verschärfung der Düngeverordnung bildet. „Dem Grenzwert von 50 mg haben alle zugestimmt“, machte er deutlich. Bereits 2014 habe der Europäische Gerichtshof (EuGH) moniert, dass Deutschland die Nitrat-Richtlinie verletzt. Die im Sommer 2019 von den zuständigen Ministerinnen vorgelegten Maßnahmen wurden als nicht ausreichend eingeschätzt, so dass Deutschland laut Zellner Strafzahlungen von bis zu 850.000 Euro am Tag drohen. Aus dem Publikum kam der Vorwurf, dass im Gegensatz zu anderen Ländern vor allem Brunnen mit hohen Nitratwerten gemessen worden seien. Dem hielt der Referent entgegen, dass daran nicht die EU schuld sei, sondern auf Länderebene entschieden werde, was im Nitratbericht steht, der nach Brüssel geht.

Wichtig für die Existenz von Landwirten ist auch das Zwei-Säulen-Modell, nach dem Fördermittel aus den Finanztöpfen der EU verteilt werden. Die erste Säule sind Ausgleichszahlungen an deutsche Landwirte in Höhe von 4,8 Mrd. Euro jährlich, die zweite 1,4 Mrd. für die Förderung der ländlichen Entwicklung. Es gebe zwar Bestrebungen vor allem von Umwelt- und Naturschutzorganisationen, hier eine Verschiebung von Geldern in Richtung der zweiten Säule zu erwirken, doch Zellner machte klar, dass „die Direktzahlungen weiter wie bisher bestehen bleiben“.

In seinem Vortrag gelang es dem Referenten sehr gut, die Bedeutung der EU darzulegen. Trotzdem sei es oft ein langer Weg, die mitunter weit auseinander liegenden Interessenslagen der 28 Mitgliedsstaaten unter einen Hut zu bringen. Als Beispiel nannte er die Migrationspolitik. Während die südeuropäischen Länder vor allem mit Flüchtigen aus Syrien und den Maghreb-Staaten zu tun haben, sei dies etwa in den baltischen Ländern gar kein Problem. Dort werde eher in Richtung Osten geblickt.

Viele andere Themen wie die komplexen Entscheidungsprozesse auf europäischer Ebene, das umstrittene Handelsabkommen mit den Mercosurstaaten, der drohende Brexit oder die viel kritisierte Besetzung des Postens des EU-Kommissionspräsidenten wurden in dem zweistündigen Vortrag angesprochen und diskutiert. Am Ende rief Zellner die Zuhörer auf, sich selbst über die EU z.B. über das Internet zu informieren. „Es existierten keine Geheimdokumente“, sagte er. Zudem gebe es viele Möglichkeiten, Einfluss auf die Entscheidungen auf europäischer Ebene zu nehmen wie etwa durch die seit einigen Jahren installierte Europäische Bürgerinitiative.

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